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Geländehindernisse in der Vielseitigkeit

Geländehindernisse in der Vielseitigkeit

Welches ist das schwerste Hindernis in einer Vielseitigkeit? Immer das nächste.
Vielseitigkeitsreiterin Anna Siemer als Co-Kommentatorin bei den Olympischen Spielen in Paris

Meine Ponyclub-Kinder wollten wissen, welche Arten von Hindernissen es auf einer Vielseitigkeitsstrecke gibt. Antworten und Fotos dazu gibt es in diesem Beitrag.

Was eine Vielseitigkeit auszeichnet, steckt schon im Namen dieser Reitdisziplin, die auch die Königsdisziplin im Pferdesport genannt wird. Vielseitig, weil man mit ein und demselben Pferd die drei Teilprüfungen Dressur, Gelände (Cross Country) und einen Springparcours reitet. Sieger ist, wer am Ende die wenigsten Straffehlerpunkte auf seinem Konto hat.

Vielseitig aber auch, weil eine Vielfalt an Sprüngen die Pferde einlädt, sie zu überwinden. Die Hindernisse auf einer Geländestrecke sollen sich gut in das Landschaftsbild und an die örtlichen Gegebenheiten einfügen. Dazwischen soll es schöne Strecken zum Galoppieren geben, damit die Pferde in einen guten Rhythmus kommen. Wer diesen „Flow“ schon mal erlebt hat, weiß wie toll sich das anfühlt.

Nun aber zu den Hindernissen:
In Einsteigerklassen und sogenannten Welcome-Bewerben sind die Sprünge besonders einladend. Baumstämme und Naturhindernisse, kleine Häuser, Schweinerücken und Wasserpassagen sind Standardhindernisse, die es in jeder Prüfung zu überwinden gilt. Eine nahezu ideale Streckenführung bin ich auf der Ameiswiese in der Wiener Freudenau geritten. 16 typische Hindernisse in einer Prüfung der Klasse V90 (A-leicht) mit steigenden Anforderungen.

Hindernis 1, 2, 3 + 4: Baumstämme
Varianten von Baumstammhindernissen im Wald. Hier können die Pferde vertrauensvoll los galoppieren. Die Sprünge sind einladend, nicht sehr hoch und im Wald ist keine Ablenkung wie etwa Zuschauer oder Lautsprecher, nur die Hindernisrichter schreiben in ihre Protokolle.

          

 

Hindernis 5: Baumstamm
Wieder ein Baumstamm, der erste Sprung auf der Wiese, noch etwas an der Seite platziert. Hier haben die Pferde nach der Ruhe im Wald ein vertrautes Hindernis, das ihnen weiterhin Sicherheit gibt.

 

Hindernis 6: Triplebarre
Ein bunter Sprung nach einer Wendung, der etwas luftiger ist und direkt Richtung Zuschauer zu reiten ist. 

 

Hindernis 7: Haus (Oxer)
Dieser Sprung in der Form eines kleinen Hauses wird von den Pferden ebenfalls sehr gut angenommen.

 

Hindernis 8: Schweinerücken
Ein Schweinerücken ist ein Hochweitsprung, massiv gebaut und bisweilen beeindruckend. Auch diesen Sprung nehmen die meisten Pferde sehr gut an. 

 

Hindernis 9: Trakehner
Ein Trakehner ist ein mit einem Baumstamm überbauter Graben. Der Sprung ist ein Klassiker in der Vielseitigkeit. Meist ist er für die Reiter respekteinflößender als für die Pferde. Hat ein Pferd keine Angst vor Gräben, nimmt es den Sprung im Fluge. Tolles Gefühl!

 

Hindernis 10: Baumstamm
Dieser Baumstamm war leicht bergauf aus einer Wendung gebaut und mit Plastikblumen geschmückt, die das Pferd ablenken können. Ich bin ihn sehr konzentriert angeritten, mein Pferd blieb trotz des Blumenschmucks unbeeindruckt.

 

Hindernis 11: Stufe
Eine Stufe stellt kein Problem für ein Pferd dar. Sie muss beherzt angeritten werden, wenn sie im Fluss gesprungen werden soll. Springt das Pferd aus dem Stand oder bremst stark ab, fühlt es sich für den Reiter holpriger an. Diese hier hat im Schatten der Bäume weiß geleuchtet und war besonders gut sichtbar.

 

Hindernis 12: Schweinerücken
Dieser Schweinerücken war nach mehreren Bodenunebenheiten sehr präzise anzureiten. Denn ein Stolpern vor einem Sprung kann das Pferd ziemlich irritieren oder sogar aus der Balance bringen.

 

Hindernis 13: Baumstamm
Dieser luftige Baumstamm ist eine weitere Variante eines Klassikers im Cross Country-Kurs. In einer Linie nach Sprung 12 war er problemlos zu springen.

 

Hindernis 14: Wasser
Das Wasser ist in niederen Klassen oft nur zu durchqueren. Man sollte es dennoch nicht unterschätzen. Dieses Wasser hat viele Pferde aus ihrem Rhythmus genommen, auch meines. Es kommt für die Pferde unverhofft und ist nicht besonders einladend, da es deutlich bergab in einen Tümpel führt. 

 

Hindernis 15: Bürste
Diese Bürste ist aus einem festen Unterbau mit aufgesteckten Bürsten so niedrig, dass das Pferd darüber sehen kann. In schweren Prüfungen gibt es Bürsten oder Hecken, wo das Pferd nicht mehr auf die andere Seite sieht. Für so einen Sprung braucht es viel Vertrauen. Erfahrene Pferde “wischen” mit den Beinen durch die Bürste oder Hecke hindurch. 

 

Hindernis 16: Dach
Das letzte Hindernis auf dieser Strecke war ein geschlossenes Dach, das in dieser naturfarbenen Form sehr gut angenommen wird. Die weiße Kante hilft den Pferden die Höhe gut einzuschätzen. Kurz dahinter ging es über die Ziellinie. Es war ein tolles Gefühl, den Kurs so problemlos gemeistert zu haben. 

Neben diesen 16 Sprüngen gibt es noch eine Vielzahl an Geländehindernissen, die in den höheren Klassen immer anspruchsvoller werden. Bei manchen Hindernissen reicht es schon, sie an eine Kante zu bauen und man hat einen Tiefsprung. Es gibt aber auch Stufen, die bergab und bergauf zu reiten sind. Überbaute und offene Gräben, Wasserein- und -aussprünge sowie Hindernisse im Wasser. Tische und Bänke sind Hoch-Weitsprünge, die meist sehr mächtig gebaut sind. Schmale Hindernisse und Ecken, die technisch sehr anspruchsvoll sind, kommen erst in höheren Klassen vor.

Für jeden Geländesprung gilt: Er muss gewissenhaft und ohne Angst angeritten werden, damit das Pferd ihn gut ausführen kann. Sprungfolgen und Kombinationen verlangen eine präzise Linienführung. Die Schönheit des Geländereitens ergibt sich aus der Freude durch die Natur zu galoppieren, dabei über Hindernisse zu springen und diese ganz besondere Verbindung zu seinem Pferd zu spüren.


Titelfoto: © LENSOFHARMONY
Fotos im Beitrag und Text: © Andrea Kerssenbrock