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Dressurferrari

Dressurferrari

Kein Koppelkumpan bedeutet weniger Bewegung beim Freigang – ganz schön viel Energie, die dann für die Reiterin übrig bleibt.

Acht Wochen hat der Pferdebub sich an seinem fröhlichen Haflingerkumpel abgearbeitet. Jetzt ist Schluss damit. “Ich bin eine Rugby Mum und Schrammen gewohnt”, habe ich gefühlt tausendmal das Scarface jenes Pferdes gerechtfertigt, das ich immer noch Pferdekind nenne. Seit es endlich kalt genug zum Zudecken ist, heilen immerhin die Kratzer am Rücken gut ab. Jetzt sind nur noch am Hals ein paar Bissspuren übrig – und das Zorro-Z auf der Nase. Beim Putzen denke ich an die Reiterpass-Frage über Abzeichen und ahne, dass zu den angeborenen auch ein paar erworbene kommen könnten. Auf den Beinahe-Ballentritt und den gerade abheilenden Krontritt möchte ich an dieser Stelle gar nicht näher eingehen. Sogar die Tierärztin hat mich letzthin recht streng gefragt, woher die vielen Schrammen auf dem Pferdekörper kommen.

Dabei hatten wir zuerst große Freude und dann große Hoffnung, dass die beiden Pferde zueinander finden würden und das Rugby Getümmel ein Ende hat. Hatte es leider nicht. Der Pferdebub, nunmehr fünfjährig und etwas mehr als halbstark, nennen wir ihn dreiviertelstark, arbeitet sich jetzt also an mir ab – und nicht mehr an seinem Haflingerkumpel.

Tag eins ohne Kumpel waren wir ausreiten. Da war noch alles unauffällig. Obwohl, so ein Tick mehr Feuer unterm Hintern war schon zu spüren. Aber das hätte auch der starke Wind sein können.

Tag zwei (gestern) war dann schon ziemlich feurig. Jedenfalls draußen auf dem großen Platz so ganz alleine. Ein bisschen Turnierstimmung von nebenan, eine frische Brise aus Nordost und eine Rakete im Hintern haben uns dann doch in die Halle geweht. Ein paar Luftsprünge inklusive und ein bisschen Pi und Pa waren auch dabei. Was soll ich sagen! Gut ist er geworden, richtig gut. Und aufgehört habe ich schließlich nur, weil zu lange Dressurreiten am Stück gegen meine Prinzipien verstößt.

Tag drei (heute) also zuerst in die Halle und dann hinaus. Das war klug. Denn die Arbeitsmaschine war noch an. Heute unter dem Motte “keine leeren Kilometer” (der Trainer im Ohr reitet mit) viele Übergänge und einige Lektionen geritten. Nach jeder Schrittpause hat der Motor mehr aufgedreht. Ich hab mich eh schon öfter gefragt, ob ich ein Vollblutgen im Stammbaum übersehen habe. Der Herr Amos erinnert mich regelmäßig an meine Buschmaschinen von früher (besonders mit geblähten Nüstern wie auf dem Foto). Was ich grundsätzlich ja mag. Weil es sich einfach mega (!) anfühlt und s-u-p-e-r zu sitzen ist. Man braucht ihn nur antreten lassen und Dressur Marsch. Ferrari eben.

Tag vier (morgen) habe ich Pause. Die Praktikantin freut sich schon, weil er dann beim Longieren vielleicht etwas spritziger ist als zuletzt. Die wird froh sein, dass die Halle rund und das Tor zu ist. Aber Hallo!

Text und Foto: Andrea Kerssenbrock