Der Advent steht vor der Tür und die Tage werden kürzer. Kürzer an Stunden, kürzer an Tageslicht und kürzer an Pferdezeit.
Der Countdown läuft, Weihnachten steht vor der Tür und unsere Pferde mehr in den Boxen als uns lieb ist. Der Kalender ist voll – Treffen beim Punschstand, Christkindlmarkt da und Adventmarkt dort, Firmenfeiern, Geschenke besorgen, Kekse backen, ins Konzert, zur Schneiderin und, und, und. Da bleibt wenig Zeit fürs Pferd. Ungemütliche Temperaturen, Krankenstände, rinnende Nasen und eingefrorene Finger tun ihr Übriges. So oder so ähnlich erleben es Reiterinnen und Reiter alle Jahre wieder. Bis das Christkind kommt. Die Familie aus den Weihnachtsferien zurück ist. Und die Neujahrsvorsätze umgesetzt werden. Oder auch nicht.
Wie jedes Jahr ist diese Zeit aber auch im Pferdestall etwas anders. Zum Beispiel wäre da die Weihnachtsdekoration in der Reithalle – Pferdeaugen groß wie Christbaumkugeln sind garantiert. Für das eine oder andere Schreckerlebnis sorgen Weihnachtsmänner an Hausfassaden und Blingbling am Gartenzaun. Fürs Ausreiten bleibt ohnehin nur ein kleines Zeitfenster und das verstreicht oft ungenutzt. Dennoch ist Abwechslung sinnvoll, um das Nervenkostüm der Pferde gerade im Winter stabil zu halten. Mir fällt dazu gleich das Reiten bei Flutlicht im Freien ein, das Abwechslung zur immer vollen Halle und lange Schatten im gelben Sand verspricht.
Das Beitragsbild mit Handpferd ist an einem trüben Novemberabend auf dem ungenutzten Reitplatz entstanden. Mit etwas Training lassen sich so praktischerweise zwei Pferde gleichzeitig bewegen. Man beginne im Schritt mit einer Begleitperson bis die Pferde mit der neuen Situation vertraut sind. Es versteht sich von selbst, dass beide Pferde verträglich und aneinander gewöhnt sein müssen. Und mit etwas Geschick funktioniert auch das Traben, das hat den schönen Effekt, dass mir als Reiterin selbst bei frostigen Temperaturen angenehm warm ist.
Wer lieber doch in der sicheren Halle bleibt: Bisschen Bodenarbeit zwischendurch oder Handarbeit, wer sie beherrscht. Springen und Springgymnastik sowie die Arbeit mit Schaumstoffnudeln, Flattervorhängen, Podesten und Wippen fördern Vertrauen, Geschick und Vielseitigkeit. Auch Abteilungsreiten ist eine wunderbare Möglichkeit, dem Winterfrust beizukommen – und gesellig obendrein. Womit wir bei der Weihnachtsquadrille sind – einer Tradition, die niemand missen möchte und doch finden sich meist nur mühsam acht Reiterinnen, die mit ihren Pferden teilnehmen wollen. Das kann übrigens die Gelegenheit sein, das Abteilungsreiten regelmäßig einzuführen. Ich finde ja, dass Abteilungen das ganze Jahr über gute Laune machen.
Beim Heimfahren fallen mir noch ein paar andere Dinge ein, die ich ausprobieren könnte. Mein Wagen warnt vor Bodenfrost während die Sitzheizung mir den Rücken wärmt. Das Pferd ist gut eingedeckt und für jeden Spaß zu haben. Das weiß ich. Denn denken wir mal positiv, eigentlich ist für ein Pferdetier der Sommer viel, viel anstrengender als das bisschen Winter, das uns noch geblieben ist. Hitze, Schweiß, Mücken, Fliegendecken, Gesichtsmasken, Staub, Pollen – das bleibt uns gerade alles erspart. Das “bisschen” Wind halten wir aus, das habe ich mir ganz fest vorgenommen und bereits die Strecke für den nächsten Ausritt in meinem Kopf. Mal schauen, wer mitkommt.
Text & Foto: Andrea Kerssenbrock