Dieser Tage hatte ich eine Situation mit einem Gewehrlauf. Das hat bestimmt mit den Tagesrändern zu tun, die sich gerade unserer Reitzeit bemächtigen.
Dieser Herbst hat zugegeben smart begonnen und es gut mit uns Reiterinnen gemeint. Sommerlich warm war der September und am Abend angenehm frisch – genau wie ich es mag. Was jedenfalls unverrückbar ist, sind die Tagesränder, die immer enger zusammen rutschen. Soll heißen, morgens ist es länger und abends dafür früher dunkel. Das ergibt netto weniger Tageslicht, ergo weniger Ausreitzeit.
Berufstätige Reiterinnen und ihre Pferde spüren das – alle Jahre wieder – besonders stark. Selbst meine flexiblen Arbeitszeiten sind nicht flexibel genug, um mit den eingeschränkten Lichtverhältnissen klar zu kommen. Insbesondere wenn man soviel Zeit im Wald verbringt wie ich, mein Pferd und mein Hund. Genau, mein Hund! Ich weiß, ich reite im Paradies. Ich bewege mich auf Eigengrund (nicht meinem) und darf darum mit Hund und sogar in der Dämmerung ausreiten. Das scheitert allenfalls am Pferd.
Die Stute schätzt die Dämmerung nicht besonders. Bisweilen setze ich mich darüber hinweg. Zuletzt hatten wir ein Erlebnis mit einem Jäger auf einem Hochstand. Ich hatte ihn ohnedies nur wahrgenommen, weil der Lauf des Gewehres bedrohlich aus der Luke des Hochstands ragte. Es darf davon ausgegangen werde, dass am anderen Ende der Flinte der dazugehörige Mensch saß. Pferd und Hund gingen jedenfalls tiefenentspannt über die Wiese und hatten niemanden bemerkt während ich so tat, als hätte ich niemanden gesehen. Der Jäger tat wie ich, so als hätte er mich nicht gesehen.
Wir wissen es ohnedies, dass Pferde das Wild nicht scheu machen und es (das Wild) im Gegenteil sogar stehen bleibt, während das Pferd ruhig vorbei marschiert. Der Jäger, mit dem ich beruflich zu tun habe, findet übrigens auch, dass Pferd und Wild ganz gut miteinander können. Der Hund ist in meinem Fall sowieso ein Schaf. Meine Labradorin sieht die Rehe meistens gar nicht. Momentan ist sie sowieso völlig auf Fallobst fixiert und ernährt sich auch davon.
Wie auch immer. Die Tage werden dramatisch schnell kürzer. Und ich merke es daran, dass zu meiner normalen Reitzeit bereits Dämmerung herrscht (bald völlige Finsternis) und ein Gewehrlauf auf mich gerichtet ist. Das ist schon ein ziemlich finsteres Gefühl.