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Krankheit, Unfall, Tod – Recht für mein Pferd

Krankheit, Unfall, Tod – Recht für mein Pferd

Trilogie, Folge 2. Die drängendsten Fragen zur Versorgung des eigenen Pferdes, wenn beim Besitzer ein Notfall eintritt, hat die Notarin und Pferdebesitzerin Nina Zauner sehr ausführlich für unsere Serie beantwortet.

WICHTIG: Mag. Nina Zauner weist ausdrücklich darauf hin, dass sich die nachstehenden Ausführungen ausschließlich auf die österreichische Rechtslage beziehen, welche teilweise erheblich von der deutschen Rechtslage abweicht. Insbesondere die Vorsorgevollmacht, die Formerfordernissen eines Testamentes und der Ablauf eines Erwachsenschutz- bzw. Verlassenschaftsverfahrens stellen sich nach deutscher Rechtslage völlig anders dar.

Diese Veröffentlichung stellt ausdrücklich die österreichische Rechtslage dar.


  • Was kann ich zu Lebzeiten regeln?

Eingangs ist festzuhalten, dass Tiere gemäß § 285a ABGB zwar keine Sachen sind, aber rechtlich betrachtet weitgehend ähnlich wie Sachen behandelt werden. Das bedeutet Ihr Pferd steht in Ihrem Eigentum und Sie können darüber mittels Verträge oder Testament verfügen. Zu beachten ist weiters, dass Tiere unter dem Schutz des Strafrechtes stehen und eine Vernachlässigung Ihres Pferdes – etwa durch uninteressierte Erben – strafrechtliche Folgen haben kann und wird.

Für die vorsorgliche Regelung der Betreuung und Versorgung Ihres Pferdes sind insbesondere folgende Fallgruppen zu bedenken:

  1. a) Vorübergehende Verhinderung

Für eine bloß vorübergehende Verhinderung – etwa aufgrund einer Ortsabwesenheit oder aus gesundheitlichen Gründen – ist wichtig, dass weiterhin die Grundversorgung und Beaufsichtigung Ihres Tieres gewährleistet wird. Dies ist umso wichtiger, wenn Sie Ihr Pferd selbst im eigenen Stall betreuen. Gibt es unter Ihren Freunden und Verwandten hierzu keine geeignete Person, könnten Sie etwa bei einem Stallbetrieb anfragen, ob sie im Notfall vorübergehend die Versorgung Ihres Pferdes übernehmen würden und vorsorglich einen entsprechenden Vertrag mit dem Stallbetreiber zur Betreuung im Notfall abschließen. Zu empfehlen wäre auch für diesen Fall, irgendwo zu verschriftlichen, auf welche Besonderheiten bei der Betreuung Ihres Pferdes Rücksicht zu nehmen ist.

Ist Ihr Pferd bereits in einem Stallbetrieb eingestellt, ist darauf zu achten, dass dieser auch weiterhin die Versorgung übernimmt, wenn Sie aufgrund einer vorübergehenden Verhinderung nicht sofort die anfallenden Kosten begleichen können. Auf eine entsprechende Vertragsgestaltung ist beim Abschluss des Vertrages zur Einstellung zu achten.

Sie können auch einer Vertrauensperson eine (schlichte) Vollmacht erteilen, mit der sie gegenüber dem Stallbetreiber im Verhinderungsfall als Ihre Bevollmächtigte auftreten und entsprechende Veranlassungen treffen kann. Eine solche Vollmachterteilung sollten Sie auch dem Stallbetreiber vorab bekanntgeben.

Auch ein klar formulierter Reitbeteiligungsvertrag kann sicherstellen, dass Ihr Pferd im Falle Ihrer Abwesenheit weiterhin bewegt und betreut wird.

  1. b) Verlust der Geschäftsfähigkeit

Für den Fall des späteren Verlust Ihrer Entscheidung- oder Geschäftsfähigkeit können Sie in einer Vorsorgevollmacht bestimmen, wer sich für Sie um Ihre Angelegenheiten als Vorsorgebevollmächtigter kümmern soll. In der Vorsorgevollmacht können Sie auch detaillierte Anordnungen treffen, was in diesem Fall mit Ihrem Pferd passieren soll bzw. wie es versorgt werden soll.

Sie müssen dabei bedenken, dass die Vorsorgevollmacht regelmäßig nicht nur die Betreuung Ihres Pferdes, sondern Ihre gesamte Vermögensverwaltung betrifft. Sie sollten daher bei der Auswahl Ihres Vorsorgebevollmächtigten darauf achten, dass Sie diese Person in allen übertragenen Angelegenheiten vertrauen können. Grundsätzlich können aber auch mehrere Vorsorgebevollmächtigte mit verschiedenen Aufgabenbereichen beauftragt werden. So kann eine Person etwa die allgemeine Vermögensverwaltung und eine andere die Pferdebetreuung übernehmen.

In diesem Zusammenhang weise ich Sie auch auf die Möglichkeit hin, eine Patientenverfügung zu errichten, in der Sie vorsorglich selbst Anordnungen zu medizinischen Behandlungen bei Wegfall Ihrer Entscheidungsfähigkeit treffen können.

Sollten Sie später Ihre Entscheidungsfähigkeit verlieren, ohne dass Sie für diesen Fall mit einer Vorsorgevollmacht vorgesorgt haben, so wäre allenfalls vom zuständigen Pflegschaftsgericht ein Erwachsenvertreter zu bestellen. Das Handeln eines

Erwachsenenvertreters können Sie grundsätzlich nicht durch vorsorgliche Anordnungen beeinflussen. Dieser hat nach dem Wohl der betroffenen Person zu handeln. Kommt der Erwachsenvertreter zu dem Schluss, dass Ihr Einkommen zur Versorgung Ihres Pferdes nicht ausreicht, kann er es (allenfalls unter Genehmigung des Gerichtes) verkaufen.

Reicht jedoch Ihr Einkommen bei Weiterversorgung Ihres Pferdes nicht einmal zur Deckung Ihres notwendigen Unterhaltes aus, so wird auch ein Vorsorgebevollmächtigter über eine Veräußerung des Pferdes nachdenken müssen.

Ferner sollten Sie auch im Hinterkopf behalten, dass zwar Haustiere grundsätzlich unpfändbar sind, jedoch nicht jedes Pferd als „Haustier“ im Sinne der betreffenden Gesetzesstelle anzusehen sein wird.
Das bedeutet, wenn Sie in Zahlungsschwierigkeiten geraten, können möglicherweise Ihre Gläubiger auf Ihr Pferd zur Schuldentilgung zugreifen.

  1. c) Todesfall

Mittels einer letztwilligen Verfügung können Sie bestimmen, wer Ihr Pferd nach Ihrem Ableben erhalten soll. Dabei muss es sich nicht um dieselbe Person handeln, die Ihr übriges Vermögen erhält. Sie können in der letztwilligen Verfügung der bedachten Person– mittels Bedingungen und Auflagen – Vorgaben machen, was mit Ihrem Pferd zu geschehen hat. Bedenken Sie jedoch, dass eine Verpflichtung, wonach Ihr Pferd nicht an andere Personen veräußert werden darf, problematisch sein kann, wenn Ihr Erbe selbst nicht dazu fähig ist, für eine artgerechte Versorgung eines Pferdes aufzukommen (etwa aufgrund eines fortschreitenden Alters).

Zu beachten ist auch, dass das Eigentum an Ihrem Pferd nicht sofort mit Ihrem Tod auf Ihre Erben übergeht, sondern zunächst ein Verlassenschaftsverfahren eingeleitet wird, welches auch etwas Zeit in Anspruch nehmen kann. Hierfür sollten Sie entsprechende Vorkehrungen treffen, damit Ihr Pferd auch in dieser Zeit weiterhin betreut wird (etwa durch eine Vereinbarung mit Ihrem Stallbetrieb).

  • Was soll ich zu Lebzeiten regeln?

Die wichtigsten Aspekte, die Sie berücksichtigen sollten:

  1. Wer kümmert sich im Notfall um das Pferd?

Es wäre sinnvoll, vorab dafür zu sorgen, dass eine oder mehreren Vertrauenspersonen im Falle Ihrer Handlungsunfähigkeit oder Ihres Todes zumindest vorübergehend die Verantwortung für Ihr Pferd übernehmen. Dies kann eine Reitbeteiligung, ein Stallnachbar, ein Familienmitglied oder ein Freund sein. Es empfiehlt sich, klare Absprachen zu treffen und diese schriftlich festzuhalten.

  1. Wie werden die Kosten gedeckt?

Die Versorgung eines Pferdes verursacht laufende Kosten, die im Notfall schnell ansteigen können. Sorgen Sie für eine ausreichende finanzielle Reserve, um diese Kosten zu decken. Regeln Sie (etwa mittels einer Vorsorgevollmacht), wer im Notfall Zugriff auf die finanziellen Mittel hat, um die Versorgung Ihres Pferdes sicherzustellen. Informieren Sie die Vertrauensperson über eventuelle Besonderheiten im Umgang mit Ihrem Pferd. Je detaillierter die Informationen, desto besser kann Ihr Pferd im Notfall versorgt werden.

  1. Letztwillige Anordnungen:

Neben den bereits genannten Punkten wie Vorsorgevollmacht und finanzieller Vorsorge sollten Sie den Ablebensfall regeln.

Letztwillige Anordnungen sind wichtig, weil sie Ihnen die Sicherheit geben, dass Ihre Wünsche auch nach Ihrem Tod berücksichtigt werden, sie verhindern Streitigkeiten unter den Erben und sorgen dafür, dass Ihr Pferd in guten Händen ist.

Indem Sie diese Aspekte in Ihre Vorsorgeplanung einbeziehen, können Sie sicherstellen, dass Ihr Pferd auch nach Ihrem Ableben bestmöglich versorgt ist.

  • Müssen sich Erben an diese Regeln halten?

Vollmachten und Verträge sind grundsätzlich bindend. Verfügungen in einem Testament sind für die Erben ebenfalls bindend, sofern sie den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Zur Abklärung der rechtlichen Zulässigkeit einzelner Anordnungen empfehle ich eine vorhergehende Abklärung mit einem Rechtsberater.

  • Reicht schriftlich oder gilt nur notariell beglaubigt?

Ein Testament kann eigenhändig oder fremdhändig bzw. in der Form einer gerichtlichen oder notariellen Verfügung errichtet werden. Eine Beglaubigung ist in keinem dieser Fälle erforderlich.

Die Formvorschriften zur Testamentserrichtung sind teilweise sehr streng.

Um auf Nummer sicher zu gehen und Ihre Wünsche bezüglich Ihres Pferdes bestmöglich abzusichern, empfehle ich Ihnen dringend, sich an einen Notar zu wenden. Ein Notar kann Sie umfassend beraten und Ihnen helfen, die richtigen Verfügungen zu treffen.

Wie lange hält so eine Verfügung? Ein Pferdeleben lang?

Vollmachten gelten grundsätzlich bis zum Widerruf oder zum Tod des Vollmachtgebers. Verfügungen in einem Testament sind grundsätzlich zeitlich unbegrenzt gültig, können aber durch ein neues Testament geändert werden.

Wie kann ich für den Fall von Unfall, Krankheit, Koma vorsorgen?

Durch eine umfassende Vorsorgevollmacht, die alle relevanten Aspekte abdeckt.

Weitere wichtige juristische Aspekte:

  • Haftung für Schäden aus mangelnder Versorgung: Wenn Ihr Pferd durch die Betreuung Dritter Schäden erleidet oder sich sein Verhalten verändert, kann eine Haftung des Betreuers in Betracht kommen, wenn dieser seine Sorgfaltspflichten verletzt hat.
  • Verkauf/Stallwechsel: Im Falle Ihrer Handlungsunfähigkeit oder Ihres Todes darf Ihr Pferd nur dann verkauft oder in einen anderen Stall umgestellt werden, wenn dies durch eine Vollmacht, eine Verfügung in Ihrem Testament oder durch eine gerichtliche Entscheidung gedeckt ist.
  • Kosten: Es ist ratsam, eine finanzielle Reserve zu bilden.

Bei Tod des Pferdebesitzers:

  • Was passiert bis zur Klärung des Nachlasses?

Bis Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens fällt Ihr Pferd in Ihre Verlassenschaft. Zur Verwaltung der Verlassenschaft (also auch Betreuung des Pferdes) kann das Gericht einen Verlassenschaftskurator bestellen. Nach Abgabe von Erbantrittserklärungen sind grundsätzlich die Erben zur Verwaltung der Verlassenschaft berechtigt. Das Verlassenschaftsverfahren endet mit Einantwortung, womit das Eigentum an Ihrem Pferd auf Ihre Erben übergeht.

  • Kann ich verfügen, was mit meinem Pferd passieren soll bzw. was auf keinen Fall passieren darf?

Ja, durch eine letztwillige Verfügung (Testament).


Mit freundlicher Unterstützung durch Mag. Nina Zauner, Öffentliche Notarin, Notariat Engelhartszell 

Idee, Umsetzung, Text und Fotos: © Andrea Kerssenbrock
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