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Eleganz im Damensattel

Eleganz im Damensattel

Nicole Heinisch ist wohl Österreichs erfolgreichste Reiterin im Damensattel. Unter anderem siegte sie beim Concours d’Elegance tradition im Nationalgestüt Haras du Pin in der Normandie.

Nicoles Springpferd Quidango macht sich auch ganz hervorragend unter dem Damensattel. Es sei ein „Hobby im Hobby“, so  Nicole Heinisch, Reitinstruktorin, Tierärztin und Besitzerin eines Gutshofs im Wienerwald. Für sie ist es schlicht Freude und Genuss. Sie mag die Tradition, besucht gerne Shows in England und Frankreich, nimmt mit großem Erfolg daran teil – und  holt immer wieder bekannte Trainerinnen wie Janet Senior oder Claire Lewis nach Österreich. Sogar Roger Philpot, Englands legendärer „Urvater“ des Damensattelreitens beehrt die österreichische Community immer wieder mit Kursen.

Als die ersten Damen in den Sattel stiegen, schickte es sich schlicht und einfach nicht, im Herrensitz zu reiten. Abgesehen davon, dass es die strengen Kleidungsvorschriften nicht zuließen, sich ein Bein links, ein Bein rechts aufs Pferd zu schwingen. Vom 12. bis in 19. Jahrhundert war das Reiten im Damensattel beliebtes Freizeitvergnügen der Damen und blieb der Oberschicht vorbehalten.

Für Männer bestand kaum Erfordernis in den Damensattel zu steigen. Anno dazumal taten es die Grooms für die feinen Damen der Gesellschaft, um deren Pferde zu trainieren. Auch wurden junge Pferde gerne im Damensattel angeritten, da man bockende Tiere durch die Sattelhörner besser sitzen konnte. Später nutzten Kriegsversehrte die Alternative zum herkömmlichen Herrensattel und nahmen im Seitsitz Platz.

Eigentlich besteht heute kaum die Notwendigkeit im Seitsitz zu reiten. Doch das Reiten im Damensitz ist oft lediglich Teil des Ganzen. Es ist eine Passion. Schnittmuster aus Amerika finden den Weg nach Österreich, Stoffe werden begutachtet, Kostüme selbst genäht. Wer auf sich hält, unterscheidet exakt zwischen der Kleidung bestimmter Epochen und dem klassischen Schnitt des modernen englischen Habits mit hohem Zylinder und Gesichtsnetz.

Mit dem strengen Habit in gedeckter Farbe und dem etwas aus der Zeit fallenden Gesichtsnetz hingegen hielt frau potentielle Verehrer wohl eher auf Distanz – oder machte neugierig. Denn wie ein nicht genannter Herr einst richtig erkannte, zaubert das Netz auf jedes Alltagsgesicht ein hübsches. Das Gesichtsnetz hat übrigens einen recht praktischen Sinn. Es fixiert den Hut oder Zylinder auf dem Kopf und verhindert so ein Verrutschen.

Das Reiten im Damensattel ist ein Nischensport, der mit viel Aufwand und Liebe zum Detail verbunden ist. Nahezu jedes Pferd eignet sich dazu – denn die Qualität des Berittes hängt nicht davon ab, ob im Damen- oder Herrensitz trainiert wird, sondern vom Können der Reiterin. Und gerade im kommenden Jahr, das ganz im Zeichen der 300-Jahr-Feierlichkeiten für Maria Theresia steht, werden wir den eleganten Damen im Seitsitz hoffentlich öfter begegnen.

 

Foto & Text: Andrea Kerssenbrock