Nur Wenzel sagt, dass ein Pferd nicht friert. Wissenschaft, Pferdemenschen und Pferde wissen, dass es anders ist.
Was hatte ich für Diskussionen als der Wenzel* das Pferdekind stundenlang in der eisigen Kälte, dem Wind frontal ausgesetzt ohne Unterstand und Nahrung mit dem Hintern gegen den Wind stand, mit angelegten Ohren. Nein, es sei nicht möglich, das Pferdekind später rauszustellen oder früher zurück in den Stall zu holen. Das Pferdekind blieb dann lieber drinnen. Das hat er übrigens auch schon als Zweijähriger so gehalten. Im eisigen Winter von 2016 auf 2017 ist er einfach wie ein Ziegenbock in der Stallgasse gestanden und nicht mehr weiter gegangen. Hat man ihn gezwungen, hat er sich – kaum im Hof – auf die Hinterbeine gestellt und den wilden Mann gegeben. Meistens hat das genügt. Mann (Wenzel) hat ihn zurück in seine Box gebracht. Und nein, ich habe den Zweijährigen nicht zugedeckt.
Mit seiner Mutter hatte ich ebenfalls ein Kälte-Erlebnis. Sie hat den Schnee im April vor zwei Jahren gar nicht gut ausgehalten und beim Spazierenreiten wie Espenlaub gezittert. Nach fast 40 Pferdejahren war mir nicht sofort klar, was los war. Mein erster Gedanke war Kreuzschlag. Doch zum Glück war der Tierarzt grad im Stall und hat die Lage sofort erkannt: “Deine Puppe, die friert. Stell sie mal eine Viertel Stunde unters Solarium, dann geht es ihr gleich besser.” Hat glücklicherweise gestimmt.
Und auch Chris Walzer von der Vetmeduni Vienna hat vor einigen Jahren ebenfalls dahingehend referiert. Er begleitet seit vielen Jahren die Wiederansiedelung der Przewalskis in ihrer ursprünglichen Heimat, der Wüste Gobi. Dort ist es im Winter richtig kalt – minus 40! Er muss es wissen. Unsere domestizierten Pferde hätten nur dann eine Überlebenschance, sagte er, wenn sie genügend Raufutter zugefüttert bekämen. Und nur dann. Das (und nicht nur das) unterscheidet Warmblutpferde wie mein Pferdekind grundlegend vom Przewalski.
Eh klar, dass mein Pferdekind aktuell wieder eingedeckt ist (4 Grad im Mai!) und sich somit wohl und ausreichend warm fühlt. Die Heuration haben wir nach oben angepasst. Und den Wenzel lassen wir freundlich grüßen. Er soll doch bitte ein wenig nachlesen, wenn er schon Boxen für Reitpferde vermietet. AK
Foto: Vladimir Vujeva / unsplash.com
* Wenzel = Mensch, der von Pferden nur soviel versteht, wie es unbedingt notwendig ist, um Menschen die noch weniger von Pferden verstehen, zu beeindrucken. Das Pferdekind steht übrigens in einem wunderbaren Reitstall und muss sich mit keinem Wenzel herumschlagen.