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Steigbügeldilemma

Steigbügeldilemma

Zur Länge des Steigbügels wurde auch schon einiges geschrieben.

Wir kennen die Faustregel: Von den Fingerspitzen bis unter die Achseln soll er reichen, wenn wir vom Boden aus Maß nehmen – Bügel und Riemen zusammen.

Da Steigbügelriemen mit der Zeit ungleich lang werden – das kommt vom einseitigen Aufsitzen und der damit verbundenen vermehrten Belastung am linken Bügel und davon, dass Leder lebt und sich dehnt – enstehen halbe Löcher. Man könnte die Riemen auch regelmäßig tauschen, etwa wenn man den Sattel putzt. Aber das ist eine andere Geschichte. Also Löcher zwischen den Originallöchern, die bestenfalls mit einer guten (!) Lochzange mittig gestanzt wurden. Und hoffentlich groß genug, dass auch der Dorn gut hineinschlupft. Ansonsten ist das jedesmal ein Gewurschtel, wenn man versucht die schiefen halben oder gar zu kleinen Löcher zu treffen während das Pferd vielleicht auch noch herumhampelt.

Und irgendwie ist man dann doch nicht so sicher, ob sie nun wirklich gleich lang sind. Das Augenmaß des Fußvolks ist genauso unzuverlässig wie der Blick in den Spiegel, egal wie gerade oder schief das Pferd steht. Also ein Weile reiten und spätestens beim Traben bemerken – irgendetwas ist aber doch schief. Zum Schritt durchparieren und von den halben Löchern zurück auf die ganzen. Oder doch auf einer Seite im normalen Loch und auf der anderen im halben? Hm.

Irgendwann hat man dann seine ausgeglichene Sitzposition gefunden. Das heißt aber noch lange nicht, dass nun die Bügel exakt gleich lang sind.

Ich habe gerade der Tochter einer Freundin Reitunterricht gegeben und ihr alles zum Steigbügel erklärt. Wir haben sie auf einer Seite fünf und auf der anderen sechs Loch kürzer geschnallt. Ich habe ihr gezeigt, wie man den Bügel korrekt einstellt, wie man ihn dreht (von vorne nach hinten), damit die Kante des Riemens nicht am Menschenbein scheuert. Wie der Fuß im Bügel stehen soll. Und wie man diese am Ende der Stunde versorgt und warum (die Bügel, nicht die Füße). Solche Sachen eben.

Als Ausbilderin predige ich seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, dass der zu kurze Bügel das kleinere Übel ist und beobachte dennoch wie die Menschheit sich hilflos in zu lang eingestellte Bügel stemmt und das dann für einen gestreckten Sitz hält. Waren es früher noch mitleidige Blicke (über ungefragte Einmischung bin ich ebenfalls schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, hinaus), so sind diese mit der Zeit unbeteiligt geworden.

Meistens gehe ich sowieso in den Wald oder auf die Wiese oder auf das – einsame – Viereck. Da wie dort hat sich der nicht zu lange Bügel bewährt. Meine waren heute ungleich. Glaube ich jedenfalls.

Foto: © Beatrice Oanes

3 Comments

  1. Denise 04/08/2016

    Ein wahnsinn so geht es mir jedes mal ich habe dann meist so glaub ich jetzt den rechten kürzer und den linken länger. Aber bei jeder Reitstunde quält es mich und immer erst beim traben kann ich mir sicher sein welche seite ich kurzer machen muss u.ob überhaupt. Danke, dass es nicht nur mir so ergeht! 🙂 lg denise

    1. Andrea Kerssenbrock 04/08/2016

      Willkommen im Team, liebe Denise! Und vielen Dank für Deinen Kommentar! Ich wünsche Dir noch viele frohe Stunden mit den Pferden, Andrea

  2. Alice R. Janßen 06/08/2016

    Ihr schreibt mir aus der Seele.

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