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Starke Tage

Starke Tage

Pubertät, Periode, Geburt, Brust und Becken, Menopause – der Frauenkörper hat viele Themen. Reiterinnen drücken deswegen selten auf den Pausenknopf und wenn, dann gibt es triftige Gründe dafür.

Die starken Tage der Monatsblutung haben es in sich. Frauen reden trotzdem nicht oder nur selten darüber. So ist das eben einmal im Monat ein halbes Leben lang. Wir rüsten uns entsprechend aus, hoffen, dass beim Aussitzen und auch so die Einlage nicht drückt oder bei Bock- oder anderen Sprüngen der Tampon nicht verrutscht. Reiterinnen und die Periode sind selbst unter Reiterinnen kein großes Thema. Frauenselbstverständlichkeit eben.

Rund vierzig Jahre begleiten uns die monatlichen Blutungen. Unterbrochen werden sie lediglich von Schwangerschaften, Stillzeiten oder unerfreulichen Ursachen wie Stress oder chronischen Erkrankungen. Mal sind es regelmäßige, mal mäßige, mal schmerzhafte Blutungen. An den starken Tagen sind wir besonders gefordert. Es blutet, aber wie! Dunkle Reithosen, doppelte Absicherung bei überschaubarer Auswahl (Tampon, Einlage, Tasse, Periodenslip – was schützt am Besten ohne zu stören?), eine erhöhte Frequenz zur Toilette – an diesen Tage begleitet uns ein gewisses Unbehagen. Was, wenn doch?

Ein kleiner Blutfleck am Trikot der Triathletin Emma Pallant-Browne hat es dieser Tage in die sozialen und herkömmlichen Medien geschafft – Pallant-Browne selbst bezeichnet ihn (den Fleck) als „Realität von Frauen im Sport“. Und spricht damit an, was wir seit Jahren verlegen, verschämt oder diskret verschweigen. Wen interessiert es auch? Frauen thematisieren ihre Regel in der Regel selten. Sie achten auf „peinliche“ Sauberkeit und Normalität. Dabei hat fast jede irgendwann ihren Peinlichkeitsmoment erlebt. Ein roter Fleck im Schritt, die gehauchte Frage nach einem Tampon, das gefaltete Klopapier im Slip, das Stoßgebet die Einlage möge lang genug dichthalten.

Und als wäre das nicht genug, schlagen uns unsere Tage bisweilen auch aufs Gemüt. Gereiztheit, Müdigkeit oder eine gewisse Dünnhäutigkeit hat jede von uns schon erlebt. Manch einer (der Herren) erkennt dann gleich was los ist (oder glaubt es zu wissen) – “Was hat sie denn, warum ist sie denn so zickig?” oder “Die hat wohl ihre Tage.” Wenn es jemandem nicht gut geht, dann reißt man keine blöden sexistischen Witze. Den Monatszyklus zur Beleidigung zu verwenden steht wirklich niemandem zu.

Beim Reiten selbst hilft, so banal es auch klingen mag, der perfekte Sitz der Unterwäsche. Denn er hält, was nicht verrutschen darf. Im Sattel bewähren sich symmetrische Schnitte und gerade Nähte. Markenwäsche funktioniert eindeutig besser als jene vom Diskonter. Eine gute Passform und die richtige Größe vermitteln ein gutes Gefühl und geben Sicherheit (klingt wie ein Werbeslogan, ist aber keiner). Denn nichts ist elender als Unterhosen, die Falten schlagen, Nähte, die scheuern, oder Stoff, den es in den Po zieht. Ladies, das gute Stück der Reiterin ist ein perfekt passender Slip! Und zwar so einer, der die Einlage an der richtigen Stelle hält. Immer und so lange es eben dauert, bis ein oder zwei Pferde gearbeitet sind. Selbst im Sommer, wenn wir schwitzen und die Kleidung an uns klebt. Selbstverständlich auch im Winter, wenn wir mehrere Schichten ordnen müssen und auch da nichts drücken soll.

Periodenmanagement ist alles, die Steigerung zum Trainingsalltag ist das Turnier. Weiße Hosen – eine Tradition, die in Wimbledon übrigens gerade abgeschafft wurde – strikte Zeitabläufe sowie Toiletten, die eng, indiskret und unsauber sind, begleiten aktive Reiterinnen fast ein Leben lang. Trotzdem: Wir kriegen das Monat für Monat gut hin, auf dem Pferd und mit dem Pferd, an guten und an schlechten Tagen – und erst recht an starken Tagen!

Andrea Kerssenbrock