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Mit und ohne Sperrriemen

Mit und ohne Sperrriemen

Ich hab’s nicht so mit dem Zuknallen der Pferdemäuler. Warum ich nun doch wieder beim Sperrriemen gelandet bin, ist meine eigene Geschichte.

Meine Pferde waren immer schon recht reduziert ausgerüstet. Einfache Zäumung und allenfalls ein Martingal im Gelände – so bin ich all die Jahre im Sattel gut über die Runden gekommen. Irgendwann habe ich sogar auf den Sperrriemen verzichtet. Beim Abreiten und Spazierengehen dürfen meine Pferde dann und wann einen Halm oder ein Blatt zupfen. Dabei stört so ein Sperrriemen nur. Und weil meine Pferde grundsätzlich fein im Maul sind, war es auch gar nicht notwendig, die Mäuler zu verschnüren.

Ein nach der Zweifinger-Regel* vorschriftsmäßig verschnallter Nasenriemen ist ohnehin zu locker, um einen Sperrriemen in korrekter Position zu halten. Zufriedenes Abkauen und ein geschlossenes Pferdemaul sind von der Qualität des Reitens abhängig, so meine Theorie, die sich ja lange auch in der Praxis bewährt hat. Zuletzt war ich dann aber doch ein klein wenig zu wenig fein und der Junge hatte zudem gerade eine aufmüpfige Phase. Und hast du nicht gesehen, habe ich zu zupfen begonnen. Bei der Videoanalyse war ich von mir selbst genervt. Dass ausgerechnet mir so etwas passiert!

Der Plan war also schön sitzen, ruhig sitzen, das Pferd machen lassen. Eher zufällig hatte ich eines Tages das Zaumzeug verborgt und mit Sperrriemen zurück bekommen. Intuitiv habe ich mir gedacht, das probier ich mal aus und habe dabei die Hände extra ruhig gehalten. Was soll ich sagen? Der Junge war begeistert (von den noch feineren Händen?). Sanftes Abkauen und eine perfekte Haltung waren der Lohn – samt einem super durchlässigen Pferd. Das war einfach nur genial!

Stimmt, der Sattel ist ebenfalls ein anderer und tut dem Rücken sichtlich gut, denn das Pferd schwingt durch den ganzen Körper, und endlich spüre ich die Leichtigkeit seiner Mutter und sehe die entspannten Ohren seitlich abkippen. Ich werde also den Sperrriemen gezielt verwenden, etwa wenn ich versammelnde Lektionen plane oder in den Trainerstunden. Dazwischen darf es auch ohne gehen, für lockere Trainingseinheiten, bei der Springgymnastik oder zum Spazierenreiten. Damit der Junge dann und wann einen Grashalm oder ein Blatt gemütlich am Gebiss vorbeikauen kann.

* Die Zweifinger-Regel soll gewährleisten, dass das Pferd genügend Luft zwischen Trense und Nasenrücken hat. Dabei sollen zwei Finger eines Erwachsenen auf dem Nasenrücken nebeneinanderliegend unter den Kinn- bzw. Nasenriemen passen.