Was aussieht wie eine zwanzigjährige Stute, die kein Wässerchen trüben kann, ist eine zwanzigjährige Stute, die mich in den Schnee katapultiert. Damit hatte ich nicht gerechnet.
Was ich schon abgehakt hatte, zumindest bei der Stute, die ja diesen Sommer 20 wird, ist doch wieder passiert. Ja, gut, der Schnee und minus zwölf Grad und zu wenig Bewegung in dieser Woche, das rächt sich halt. Aber dass sie noch immer wie ein Rodeo-Pferd und so ausdauernd und vor allen Dingen so berechnend sein kann, das hätte ich tätsächlich nicht erwartet. Wenn schon nicht altersweise, so wenigstens altersmilde hatte ich angenommen.
Mein kleines XYpsilon sagt auch schon, dass sie mit dem großen XYpsilon doch immer sooo artig und pflichtbewusst durchs Gelände stapft. Da hätten die XYpsilons sie heute sehen sollen, als sie den Hang hinauf gebuckelt ist, aber hallo! Einige gewaltige Bocksprünge lang habe ich mich ja gut gehalten. Aber das Ziel der Stute war eindeutig entweder mich loszuwerden oder mich zu blamieren. Oder beides. Das mit dem Loswerden ist ihr gelungen, aber nur das.
Da können die XYpsilons noch so grinsen und vielleicht macht sie es ja mit ihnen tatsächlich nicht. Mich erschüttern Überraschungen der Stute längst nicht mehr. Ich weiß, warum ich sogar auf meiner Oldie einen Helm trage. Was mich indessen schon erstaunt, sind die Nachdrücklichkeit und die Energie, die in ihr stecken. 355 Tage im Jahr benimmt sie sich wie eine altehrwürdige Dame mit dann und wann leichten Gelenksschmerzen. Sie versteht es vornehm, leichtrittig und zuverlässig aufzutreten.
Welcher Teufel sie an den anderen zehn Tagen im Jahr reitet, habe ich nach zwei gemeinsamen Jahrzehnten immer noch nicht herausgefunden. Dafür aber, dass vom Pferd fallen (kam schon länger nicht vor) nach wie vor so funktioniert wie früher. Durch die Luft segeln, landen, aufstehen, Pferd einfangen. Aufsitzen, Krönchen richten, weiterreiten.
Und in knapp einem Jahr das Pferdekind zähmen.
Text: AvK
Foto: Igor Cancarevic