Text: Franziskus von Kerssenbrock
Afrika zu Pferd. Gedanken des erfahrenen Reiters und Rangers John Obitseng zum gelebten Reitertraum und dessen Umsetzung im afrikanischen Busch.
Kaum wo ist Afrika schöner und faszinierender als im Okavango-Delta. Zu Pferd stoßen Reisende in eine neue Dimension vor. Reiter erleben den afrikanischen Busch Auge in Auge und Seite an Seite mit Elefanten, Antilopen, Gazellen und Zebras – und dazu den eleganten Luxus von „Jenseits von Afrika“.
„Reiten!“ Ein Rufzeichen liegt in der Luft. „Ihr wollt im Busch reiten?“ Verblüffung zeichnet sich auf Johns Gesicht ab. John ist Guide – und nicht irgendeiner im afrikanischen Busch. Er ist ein altgedienter, ein erfahrener Guide. Spuren im Sand liest er wie Buchstaben in einem Buch. Botswana kennt er wie seine Westentasche. Die Grenze zu Simbabwe, jene zu Südafrika. Die Central Kalahari. Und das Okavango-Delta.
Er kennt das Delta zu Fuß, vom Auto aus und auch vom Pferderücken. Damit rückt er jetzt heraus. Wir haben Zeit. Frühstück im Busch. Noch steht die Sonne tief am Himmel. In einiger Entfernung ziehen Letschwe-Antilopen vorbei, Paarhufer die sich dem Leben im Sumpf perfekt angepasst haben. John gießt Kaffee auf.
„Mit dem Pferd“, erinnert er sich, „bin ich Patrouille geritten. An der Grenze zu Simbabwe. Kleine, kräftige Pferde. Speziell ausgebildet. Wenn sie einen Löwen wahrgenommen haben, machten sie von jetzt auf gleich kehrt. Das muss man sitzen können.“ Er pausiert. „Das war nicht leicht. Aber runterfallen war keine Alternative.“ Ein Lächeln zieht über sein Gesicht. „Es waren schöne Ritte. Mitten durch die Wildnis. Nur du, deine Männer, die Pferde und die Tiere.“
Inzwischen setzt John auf die Pferdestärken eines guten Autos. Den Geländewagen steuert er Böschungen hinauf und hinab, die man für unfahrbar gehalten hat. John fährt sie.
„Mit dem Pferd ist das etwas anderes. Im Busch“, sinniert er. Eigentlich gibt es nur drei Möglichkeiten den afrikanischen Busch zu erkunden. Die sicherste ist mit dem Auto. „Das nehmen die Tiere wie ein stinkendes Rhinozeros wahr. Es ist uninteressant. Also können wir Löwen und Leoparden auf den Pelz rücken.“ Die unmittelbarste ist zu Fuß. Aber die kann anstrengend sein. Und um der Sicherheit willen liegen zwischen Mensch und Tier stets weite Distanzen. „Und dann das Pferd. In Afrika kannten wir das Pferd nicht. Selbst die Buren sind mit Ochsenwaggons vom Kap nach Norden gezogen. Auch die europäischen Entdeckungsreisenden und Forscher. Livingstone, Stanley. Zu Fuß oder mit Ochsen. Quer durch Afrika“. Johns Stimme lacht. Seine Augen blitzen. Er schenkt Kaffee aus und verteilt Biskuits.
„Es stimmt schon“, setzt er fort, „mit dem Pferd erlebst du den Busch ganz anders. Du wirst zum Tier unter Tieren. Du bist kein nach Diesel stinkendes Rhino, du bist kein Fremdkörper. Du bist einem Zebra ähnlich. Also kannst du ganz nah ran. An die Zebras zum Beispiel. Oder zu den Gazellen und Antilopen, sogar die Elefanten erlauben eine kürzere Distanz. Denn jedes Tier hat seine Sicherheitszone. Die darf nicht überschritten werden. Entweder wendet es sich dann zur Flucht. Oder zum Angriff. Die Sicherheitszone für Pferde ist deutlich geringer als die für Menschen oder Autos.
Einmal war ich im Okavango. Als Reiter und Wildhüter. Das ist lange her. Da sind wir durch das Wasser des Deltas, von Insel zu Insel. Seite an Seite mit Giraffen. An Hippos vorbei, die im Tiefen lagen. Im Galopp mit den Zebras. Den Impalas hinterher. Links, rechts bockende Gnus. Verstehe ich schon, dass man das einmal erleben will. Wir hatten richtig Spaß im Dienst. Sind auch ganz schön nass geworden dabei.
Reiten muss man können. Verständnis haben für das Tier, auf dem du sitzt. Das ist dein Partner. Du musst ihm vertrauen. Es muss Dir vertrauen. Hat ehrlich gesagt etwas gedauert, bis ich den Pferden vertraut habe. Aber dann, als ich sicher war, auch beim Springen, da hatte ich auch Vertrauen zu meinem Pferd. Ich bin mir sicher, es hatte auch Vertrauen zu mir. Das geht gar nicht anders im Busch.“
John schenkt nach. Bietet Sandwiches an, Shortbread, Äpfel. „Um Himmels willen, nur keine Zitrusfrüchte. Elefanten sind ganz wild darauf. Haben sogar schon Küchenhütten in den Camps aufgebrochen. Nur um an Orangen oder Mandarinen zu kommen. Die sollte man auch im Auto nicht dabei haben. Für Zitrusfrüchte machen Elefanten wilde Dinge. Bananen habe ich noch. Die sind ungefährlich. Milch?“
Gefährlich sei das Reiten im Busch nicht, sagt John. „Alle denken immer an die großen Katzen. An Löwen und Leoparden. Ich sage, überlasst das Denken dem Guide. Der weiß, wo die Katzen sind. Der kennt die Gefahren. Wir Guides passen auf unsere Gäste auf. Kein Risiko. Unter keinen Umständen. Setzt euch auf das Pferd. Und reitet los. Ihr werdet sehen, es ist etwas ganz Anderes, etwas ganz Neues. Ihr werdet den Busch anders wahrnehmen. Die Tiere, euch selbst. Ihr werdet eins mit der Umgebung. So ist das. Nur Genuss und Afrika. Noch Kaffee? Dann packe ich zusammen.“
John erhebt sich. Räumt auf. Verstaut den Proviant. „Wäre schon was, einmal noch selber zu reiten. Einmal noch durch das Okavango Delta. Oder in Ostafrika, in der Serengeti. Dort war ich nie. Muss aber traumhaft sein. Ganz anders als hier. Allein die Berge. Der Kilimanjaro! Das ist dann wie in euren Filmen über Afrika. Oh ja, wenn ihr die Möglichkeit habt, dann reitet. Aber ihr müsst gute Reiter sein. Weil, Afrika ist Afrika. Und deswegen ist es immer auch Abenteuer.“
Das Gespräch mit Ranger John Obitseng führte Franziskus von Kerssenbrock im Rahmen einer Expedition. Der Reise- und Wissenschaftsjournalist unternimmt seit 1993 regelmäßig ausgedehnte Reisen durch das südliche Afrika.
Fotos zur Verfügung gestellt von © PEGASUS REITERREISEN · EQUITOUR AG
Exklusive Reitsafaris ins Okavango-Delta in Botswana bietet der Schweizer Veranstalter „Pegasus Reiterreisen“ an. Neben diesem Highlight afrikanischer Wildnis finden sich zahlreiche weitere Destinationen für Reiter_innen im Angebot. Die Palette reicht von Weinlandritten rund um Kapstadt über Wüstenritte in Namibia, Reittouren durch Madagaskar und Abenteuerritte durch die Masai Mara bis hin zu kombinierten Reit-, Kanu- und Elefantensafaris in Simbabwe.
Pegasus Reiterreisen – Equitour AG
CH-4123 Allschwil
www.reiterreisen.com