Der Schaum im Pferdemaul ist als sichtbares Merkmal einer angenehmen Reiterhand positiv besetzt. Da kommt keine Studie dagegen an. Kein Wunder, dass auch hier gemogelt wird.
Es wurde immer getrickst. So sagt man den Rosshändlern des 19. Jahrhunderts nach, sie hätten Arsen verabreicht, um die Pferde kurzfristig feuriger und runder aussehen zu lassen. Ein sehr frühes Dopingmittel, das aufgrund seiner leistungssteigernden Wirkung sogar von Menschen eingenommen wurde. Pferde wurden und werden “fit” gemacht – sei es zum Verkauf, um die Leistung zu optimieren oder Schmerzen zu vertuschen. Dass selbst vor kosmetischer Regulation nicht Halt gemacht wird, ist ebenfalls keine neue Erkenntnis. Und auch wenn hundert neue Studien belegen würden, dass der Speichelfluss, der Schaum vorm Maul oder die Kautätigkeit überbewertet seien, würden wir diese Merkmale sehr wohlwollend zur Kenntnis nehmen.
Reglements hinken naturgemäß hinter den Anlässen her. Bis die internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) eine Fake-Schaum-Regel auf den Weg bringt, wird noch einiges an Zuckerschlabber die Pferdemäuler hinunter tropfen. Die Aufregung um Zuckerschaum, der rundums Pferdemaul aufgetragen wird, ist momentan groß. Katrin Wüst, einer jener FEI-Richterinnen, deren Meinung besonderes Gewicht hat, hat mit ihrem unaufgeregten Statement zuletzt etwas Schwung aus der allgemeinen Aufregung genommen. Selbstverständlich würden Richterinnen und Richter erkennen, wenn ein Pferd Maulprobleme hat. Das ist beruhigend und irgendwie auch logisch. Denn ein Fake-Schaum kann meines Erachtens weder ein offenes Maul noch einen Zungenfehler verbergen. Wenn die Verantwortlichen hinschauen, sehen sie das auch. Ich neige zu Optimismus was die Richterei betrifft.
Wesentlich mehr hat mich jüngst die Zäumung eines Springpferdes erschüttert, mit der ich in der Tat nichts anfangen kann. So etwas hatte ich fast vergessen. Ich sehe zwar im Reitsportgeschäft Gebisse, Vorrichtungen, und Zusatzriemen, die von jedermann erworben und eingesetzt werden können, aber ich hinterfrage das Zeug nicht. Das erscheint mir nun doch irgendwo zwischen absurd und unverzeihlich angesiedelt. Und ich neige dazu, “falschen Schaum” als recht harmlos einzustufen. Zumindest im Hinblick auf das Wohl des Pferdes.
Meine Erfahrung bestätigt übrigens die positive These zum schäumenden Pferdemaul. Ich habe stets ein zufriedenes Pferd unter dem Sattel (um nicht zu sagen in Händen), wenn es angeregt kaut und speichelt.
Foto: Die fröhliche Stute auf meinem aktuellen Titelbild spiegelt ihr Wohlbefinden stets durch ihre Maultätigkeit wieder.