Ich empfehle das Reiten auf dem zweiten Hufschlag sehr gerne. Es verlangt Konzentration und eine gleichmäßige Einwirkung und es ist der erste Schritt zum geraden Pferd.
Auf dem zweiten Hufschlag im Fluss vorwärts zu reiten bedeutet, das Pferd gleichmäßig an die inneren und äußeren Hilfen zu stellen. Damit das gut gelingt, empfehle ich meinen Schülern deutlich von der Wand wegzureiten, vielleicht sogar in Richtung dritten Hufschlag. Denn je näher die Bande ist, desto “magnetischer” wirkt sie auf das Pferd. Mit dem freien Reiten auf der geraden Linie lege ich den Grundstein für ein geradegerichtetes Pferd.
Jedes Pferd hat eine natürliche Schiefe, die daraus resultiert, dass es vorne an den Schultern schmäler gebaut ist als hinten an den Hüften. In der Reitersprache ist das Pferd zu einer Seite hohl und auf der anderen fest. Die hohle Seite fühlt sich für den weniger erfahrenen Reiter oft recht angenehm an. Das Pferd lässt sich auf dieser Hand leicht nach innen stellen, es drängt mit der Krupp vermehrt nach innen. Und es driftet gerne über die äußere Schulter weg. Auf der festeren oder steifen Seite fällt es dem Reiter oft schwerer das Pferd nach innen zu stellen und ein gutes Gefühl am Innenschenkel zu bekommen. Das Pferd drängt dagegen, und der Reiter hat gut zu tun mit seinen Hilfen durchzukommen.
Auf dem zweiten oder dritten Hufschlag kann ich gedanklich Abstand von außen und innen nehmen und mich auf das Geradeaus konzentrieren. Von vorne oder hinten betrachtet, ist ein Pferd dann korrekt gerade gerichtet, wenn nur zwei Beine zu sehen sind. Wenn ich zwischen den beiden Hinterbeinen das innere Vorderbein sehen kann, ist das Pferd schief. Darum soll der Reiter darauf achten, immer die Vorhand auf die Hinterhand einzustellen und so das Pferd in die richtige Spur zu bekommen. Der Reiter treibt das innere Hinterbein schön unter den Schwerpunkt des Pferdes, gedanklich in Richtung äußerer Schulter. Außenzügel und -schenkel verhindern ein Wegdriften nach außen, der Kopf ist leicht nach innen gestellt. Der Hals darf zu keinem Zeitpunkt verbogen sein.
Das gleichmäßige Reiten auf dem zweiten Hufschlag in allen drei Grundgangarten ist anspruchsvoll und qualitätsvoll. Es ist auch eine Überprüfung der reitereichen Einwirkung und der Grundausbildung des Pferdes. Im nächsten Schritt verlange ich einfache Übergänge ohne die Linie zu verlassen. Später kommen Haltparaden, Tempounterschiede und leichtes Abstellen dazu (Schultervor bzw. -herein, Kruppherein). Das Reiten auf dem zweiten Hufschlag ist wie ein Test oder eine Überprüfung. Nun muss das Pferd noch auf beiden Händen und auf beiden Seiten gleichmäßig gearbeitet werden.
MERKE: Der Reiter soll nicht auf beiden Seiten gleich reiten wollen. Während ich das Pferd auf der hohlen Seite mit dem inneren Schenkel besonders deutlich an den Außenzügel reite, arbeite ich auf der festen Seite im deutlichen Schultervor und hole mir das Pferd um den Innenschenkel. Dadurch bekomme ich auf beiden Händen mehr Schwungentwicklung, eine bessere Gangentfaltung und deutlich mehr Ausdruck.
Mein Reitimpuls für diese Woche
Das Ziel des Geraderichtens ist immer eine gleichmäßige Anlehnung und ein ausdrucksvoller Bewegungsablauf. Der Weg dorthin führt über den zweiten Hufschlag. Im Idealfall wird aus dem Führen des Pferdes zwischen beiden Zügeln und beiden Schenkeln ein selbstverständlich anmutender Bewegungsfluss, von dem sich der Reiter einfach tragen lassen kann. Dieses Gefühl ist wirklich genial!
04/02/21